Truck-Trial in Lesotho (mit Video)

14 Apr

Toms Reisebericht vom 9. April 2011

Lesotho ist zwar klein, aber so wird ja auch Dynamit verpackt, oder?

Liebe Go-to-Africaner,

nachdem wir die Drakensberge ausgiebig erkundet hatten, wollten wir uns nun endlich Lesotho zuwenden. Lesotho, das war für mich vor allem wegen des „Sani-Pass“ interessant. Dieser führt von Südafrika hinauf nach Lesotho und ist unter den Afrika-Reisenden berühmt-berüchtigt…

Auf dem Bild unten seht ihr unsere drei Tagesetappen durch Lesotho. Blau ist der erste Tag (u.a. Sani-Pass), rot der zweite Tag (Extrem-Offroad durchs Gebirge) und grün der dritte Tag (Besichtigung Katse-Staudamm und quer durch die Maluti Berge).

Das sagt das Internet zum Sani-Pass (www.suedafrika.net/reisefuehrer/kwazulu-natal/drakensberg/sani-pass.html): „Die Straße zum „Dach Südafrikas“ […] ist durchwegs ungeteert und sehr rauh. Besonders der letzte Teil der Strecke – hinter dem in 1900 Meter Höhe gelegenen südafrikanischen Grenzposten – ist extrem steil und steinig. Auf acht Kilometern müssen 17 Serpentinen und 1000 Meter Höhendifferenz bewältigt werden. Die Strecke ist darum nur für Geländewagen zugelassen. Zumindest benötigt man ein Fahrzeug mit kräftigem Motor und viel Bodenfreiheit.“ Laut Wikipedia (de.wikipedia.org/wiki/Sanipass) ist der Sani-Pass sogar (angeblich) die drittsteilste Passstrasse der Welt. [Ja, „Passstrasse“ schreibt man wirklich mit 5x ’s‘ 🙂 ].

Auf jeden Fall weist schon vor weit vor dem Grenzposten ein Schild am Strassenrand darauf hin, dass der Pass nur mit 4×4 Antrieb zu befahren sei.

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Kontrolliert hat es zwar keiner, aber schließlich ist Rhino auch ein 4×4 LKW. Der Sani-Pass selbst ist dann auch recht interessant, aber nicht ganz so extrem, wie ich erwartet hatte. Die Steilheit der Strecke war für Rhino kein Problem (2. Geländegang hat ausgereicht, den 1. Geländegang haben wir nicht gebraucht), und die Berg-Piste war nicht ganz so eng wie befürchtet. Das kann man auch ganz gut im Video am Ende dieses Beitrags sehen. Trotzdem sind wir natürlich „stolz wie Oskar“, als wir knapp eine Stunde später oben sind.

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Dort oben checken wir per Navi „Tracks4Africa“ erst mal die Möglichkeiten für die Übernachtung ab. Der nächste Campingplatz ist nur 70 km entfernt, das hört sich ja nicht so weit an, oder? Die 70 km sind allerdings „Luftlinie“, wie sich später herausstellen sollte… Vom Pass aus geht es noch mal für 40 km weiter auf leidlicher Schotterstrecke, bis hinauf auf rund 3200 m. Wie man im Video sehen kann, darf sich Rhino dabei auch mal als „Schafstreiber“ versuchen 🙂

Kurz vor Mapholaneng biegen wir dann ab Richtung Katse-Damm im lesothischen Hochland. Einen Weg dorthin kenn unser Navigationsgerät zwar nicht, aber schließlich weist uns ein deutliches, grosses und fast neues Schild den richtigen (?) Weg an der entsprechenden Abzweigung. Da kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen… Wir kommen abends noch ca. 20 km weit, dann suchen wir uns einen schönen Übernachtungsplatz mitten „in der Pampa“, äh, will sagen in Lesotho.

Falls euch auf dem Bild die fehlenden Bäume auffallen – es gibt tatsächlich in ganz Lesotho fast keine mehr. Die sind wohl inzwischen fast alle verfeuert worden.

Am nächsten Morgen brechen wir frohgemut kurz vor 7 Uhr morgens in Richtung Katse auf. Die Einheimischen verstehen uns zwar nicht ganz, als wir uns nach dem Weg nach „Katze“ erkundigen, aber nach „Kasse“ fahren wir laut der Auskunft der Bevölkerung wohl in die richtige Richtung. So lernt man wenigstens mal die korrekte lesothische Aussprache 🙂

Der Weg führt auf und ab, wird mal besser, dann mal schlechter, dann für ein paar Kilometer richtig gut (wir freuen uns schon, dass wir so gut vorankommen) und endet dann abrupt mitten im Nebel an einer Y-Gabelung in zwei Feldwege hinein. Ein Schild gibt es natürlich nicht. Nun haben wir die Wahl: rechts, links oder 3 Stunden bis auf der Teerstrasse zurückfahren?

Dag ist intuitiv für zurückfahren. Ich entscheide mich nach ausgiebiger Erkundung beider Wege (den linken bin ich 3 km hin und 3 km zurück zu Fuss abgegangen) für die Variante „linker Feldweg“ und kann mich gegenüber Dag damit durchsetzen. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte…

Bei meiner Erkundung zu Fuss habe ich gesehen, dass die ersten 500 m den ziemlich steilen linken Feldweg runter zwar schwierig sind (bis zu 1 m tiefe Auswaschungen auf dem Weg, sowohl rechts und links als teilweise auch in der Mitte), aber danach wird es besser und nach ca. 5 km kommt wieder ein Dorf, und dann wird es dort ja auch wieder eine Piste von der anderen Bergseite zum Dorf rauf geben – dachte (bzw. hoffte) ich wenigstens…

Dag weist mich dann ein, als ich den steilen linken Feldweg runterfahre. Teilweise müssen auch ein paar Gesteinsbrocken weggeräumt werden, die unpraktischeweise mitten auf dem Weg liegen. Im ersten Geländegang kriechend komme ich dank Dags tatkräftiger Mithilfe ganz gut den Hügel runter.

Nach 5 km dann das Dorf, welches ich bei meiner Erkundung zu Fuss ja schon von weitem gesehen hatte. Leider stellt sich dort meine Hoffnung als falsch heraus, dass dort eine bessere Piste von der anderen Bergseite hochkommt. Aber umkehren kommt nun natürlich auch nicht mehr infrage – nicht nachdem ich mich Dag gegenüber 1/2 Stunde vorher bezüglich der Wegwahl so uncharmant durchgesetzt hatte – wie würde das denn ausssehen… 🙂 (Zweiter Fehler, im Nachhinein betrachtet…)

So fahren wir also weiter auf dem „Feldweg“ mitten durch Lesothos Bergwelt, durchschnittlich mit ca. 5 – 10 km/h, mal bergauf, mal bergab, mal 1. Geländegang, mal 2., aber immer steil am Abhang entlang und Dag darf ca. 5 oder 6 mal pro Stunde aussteigen und vorausgehen, um mich bei besonders schwierigen Wegstücken einzuweisen. Verglichen hiermit war der Sani-Pass am Vortag wirklich ein Kinderspiel! Mittendrin (nach ca. 3 Stunden oder 30 km) treffen wir bei einer Dorfdurchfahrt auch mal jemand der Englisch spricht. Als wir den guten Mann fragen, wann der „Weg“ denn endlich mal besser wird, lacht es nur! Mit unserem Truck wäre dass doch alles gar kein Problem, es gäbe noch zwei kleine Flussdurchfahrten, und nach weiteren 40 km auf dieser „Piste“ wären wir dann auch schon in Katse… (Schluck!)

Nun wissen wir:

  1. dass wir auf dem richtigen Weg sind,
  2. dass es noch mindestens vier Stunden dauert bis wir wieder in der Zivilisation (d.h. auf einer normalen Piste) sind und
  3. dass wir mit Rhino endlich mal ins Wasser dürfen bzw. müssen.

Besonders auf 3. hatte ich mich schon mindestens 6 Monate gefreut! 2. löst natürlich bei uns beiden keine Begeisterungsstürme aus, aber nun sind wir schon so weit und so lange gefahren, dass eine Umkehr wirklich für keinen von uns mehr in Frage kommt.

Die kritischste Situaton erleben wir dann, als der Weg nach einer weiteren Stunde teilweise durch einen Felssturz blockiert ist. Man sieht zwar, dass sich dort schon mal ein Fahrzeug durchgeschlängelt hat, aber das war offensichtlich ein „normaler“ Geländewagen und kein LKW. Kurz überlege ich, ob wir den größten Brocken mit der Seilwinde aus dem Weg ziehen sollen, verwerfe diesen Gedanken dann aber als zu aufwendig. Wir versuchen es stattdessen auch mit dem Vorbeiquetschen. Dazu muss Rhino ein gutes Stück in „Schräglage“ an der Hangseite entlang fahren, um an dem größten Felsbrocken mitten auf der Strasse vorbeizukommen. Das klappt auch soweit ganz gut, wenigstens mit der Vorderachse. Die Hinterachse ergibt sich leider genau neben dem Felsbrocken der Hangabtriebskraft und rutscht dann, zusammen mit Rhinos Wohnkoffer, wirklich um Haaresbreite an dem Felsbrocken VORBEI! Okay, okay, Glück gehabt! Das nächste Mal nehmen wir die Seilwinde – wäre endlich mal eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit für das Teil.

Nochmal ein oder zwei Stunden später erfolgen dann auch endlich die „versprochenen“ Flussdurchfahren (siehe Video am Ende des Berichts), die Rhino ohne Probleme meistert. Genauso wie die folgenden Schlammdurchfahren, von denen wir leider keine Videos oder Fotos mehr haben, weil wir beide inzwischen die Schnauze voll haben und aus dem „Schlamassel“ (in wahrsten Sinne des Wortes) endlich raus wollen. Also keinen Nerv mehr zum filmen oder fotographieren…

Nach insgesamt rund 8 Stunden und 60 km Offroad ist es dann endlich soweit – wir sehen zwei andere Autos in der Ferne. Damit haben wir dann das gröbste geschafft!!! „Nur“ noch weitere 2 Stunden auf nicht mehr ganz so übler Piste, bis wir dann endlich an einem weiteren Pass eine paar steile Schotter-Serpentinen runterfahren dürfen, die mit dem „Sani-Pass“ am Vortag fast vergleichbar sind. Aber mit den Offroad-Erfahrungen des heutigen Tages kann uns das dann auch nicht mehr umwerfen. Da wir es bis zum Katse-Camp nicht mehr schaffen, übernachten wir zum zweiten mal „wild“. An diesem zweiten Tag haben wir von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr abends rund 80 km geschafft.

Der dritte Tag in Lesotho versöhnt uns dann ein wenig. Zuerst passable Gravel-road, später excellente Teerstraße und einen Katse-Staudamm, an dem gerade Wasser „abgelassen“ wird (siehe Foto).

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Und noch besser: bei unserem Besuch im Damm-Informationszentrum bietet man uns eine Führung an, die sehr umfassend über das gesamte „Lesotho Highland Water Scheme“ Projekt informiert, uns die Dammkrone mit unserem Rhino befahren läßt und auch einen Besuch der „Innereien“ im Damm beeinhaltet. Um das beste: die rund 3-stündige exzellente „Privat“-Führung für uns beide kostet nur (umgerechnet) einen Euro pro Person! Wenn das mal nicht ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ist!!!

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Lesotho Panorama6

Nach dem Besuch des Katse-Damms geht es abschließend dann noch 120 km auf ausgezeichneter Asphalt-Strasse quer über die wunderschönen Maluti Berge. Und so wird uns unser Lesotho-Kurztrip zwar als anstrengend, aber auch sehr erlebnisreich in guter Erinnerung bleiben.

Viele Grüße aus Ficksburg in Südafrika (ja, der Ort heißt hier wirklich so… 🙂

Tom ( & Dag)

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Link zum Lesotho-Video

7 Antworten to “Truck-Trial in Lesotho (mit Video)”

  1. Rainer & Anna 14. April 2011 um 07:56 #

    Wow !!

    Super Video !!
    10 Std für 80 km ist schon heftig. Da seit ihr ja ordentlich durchgeschüttelt worden. So ähnlich habe ich das auch mal in Libyen erlebt und den Asphalt geküsst als es endlich geschafft war. Irgendwann hat man einfach keinen Bock mehr und möchte es eigentlich nur noch das es zu Ende geht.
    Ihr habt euch wirklich tapfer geschlagen und jetzt
    eine ausgiebige Erholung verdient !!

    P.S.: Euer Mix aus Video, Bericht und Bildern über eure Reise find ich wirklich ganz große Klasse !!
    macht richtig Spaß auf eurer Website zu lesen.

  2. Ingo 14. April 2011 um 08:06 #

    Bei Sani-Pass dachte ich zuerst an ein Ausweisdokument für nichtärztliches Personal im Rettungsdienst…
    Und wie sah es nach der Rüttelei im Kühlschrank aus??

  3. Johannes Schley 14. April 2011 um 11:07 #

    Hqallo Dag, hallo Tom, alle Achtung für so eine Leistung. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie wenig witzig so eine Bewältigung, für mich und meine Süße das wäre. Zumal, da unser Landy mit Wohnkabine ja vermutlch erheblich mehr ins Schwanken geraten würde, wie Euer Rhino. Aber ist es wirklich so, dass Passstrasse so geschrieben wird? Ich war bisher der Meinung, dass auf lange Vokale immer noch das „ß“ eingesetzt wird. Egal, ich kann mich nur der Meinung von Rainer&Anna total anschließen, Eure Berichte und Vidios sind richtig toll, es macht wirklich Spaß auf diesem Wege mit dabei sein zu dürfen. Vielen Dank und weiterhin alles Gute für Eure weitere Rute. Johannes

    • Ingo 14. April 2011 um 23:01 #

      Weder noch:
      Duden Rechtschreibung-22.Auflage
      Pass|stra|ße, auch Pass-Straße [alte Schreibung Paß|stra|ße]

      PS: Und Hallo ohne „q“… 🙂 🙂

      • Johannes Schley 30. April 2011 um 09:41 #

        Hallo Ingo, erst jetzt hab ich Deine Antwort auf die Rechtschreibung bemerkt. Danke, dann hatte ich ja recht: Straße und nicht Strasse. Weiterhin habe ich nach absenden meines Kommentars zu spät das q im Wort Hallo und das i statt des e im Wort Video entdeckt. Aber leider hat man dann ja keine Möglichkeit mehr, dieses zu berichtigen. Also bis denn Johannes

  4. Rolf 15. April 2011 um 11:21 #

    Guter Bericht und starkes Video. Doch für mich ist es ein Rätsel, wie Ihr trotz NAVI und GPS auf das Testgelände von Caterpillar Bulldozer geraten seid. Testet mal fleißig weiter. Rolf.

  5. Ralf Beckers Yo Eddy 2 18. April 2011 um 19:38 #

    Tolles Video …und die Mucke ist auch sehr Schön …..

    Danke Ralf und Anke

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