Kulturschock Ägypten

30 Sept

Traumstrand in Matrut

Bericht von Tom

Als typisch Deutscher „Tourist“ (und so empfinde ich mich im Moment noch; „Reisender“ wird man glaube ich erst nach mehr als 6-8 Wochen unterwegs) erlebt man natürlich bei der Reise durch DAS Ägypten, durch das wird gerade reisen, einen kleinen Kulturschock. Dies ist vielleicht gerade deshalb so, weil wir uns NICHT auf ausgetretenen Touristenpfaden bewegen (also NICHT die Pyramiden von Gizeh oder das ägypische Museum in Cairo oder beim Surfen in Hurgada), sondern abseits davon.

Bei einem ist dieser Kulturschock kleiner (z.B. bei Dag), beim anderen größer (z.B. bei mir), und deshalb darf ich auch diesen Bericht darüber schreiben. Außerdem ist der Schock am Anfang der Reise bei mir noch ganz frisch, deshalb schreibe ich lieber mal jetzt darüber, bevor ich mich an alles gewöhnt habe…

Der Müll

Also Nummer 1., wie zu erwarten und von den Deutschen im Ausland immer wieder erlebt und beklagt: der Müll. Fällt mir als Deutschem wahrscheinlich besonders auf, weil wohl nur weniger Länder weltweit (z.B. die Schweiz oder Singapur) noch sauberer sind als Deutschland und deshalb der gemeine Deutsche (also ich) es in den meisten anderen Ländern als „dreckig“ empfindet. So auch hier in Ägypten. Der Ägypter trägt zwar gerne einen blütenweissen Kaftan und putzt auch gerne sein Auto auf Hochglanz; aber genauso selbstverständlich schmeißt es seinen Dreck einfach auf den Auto heraus auf die Strasse. Oder aus der Haustür raus vors Haus. Deshalb ist hier rechts und links der Strasse, besonders der vielbefahrenen Strassen, oft eine kleine Müllansammlung vorzufinden.

Das an sich wäre ja noch nicht so bemerkenswert, aber vorgestern am Strand war es doch recht ungewöhnlich. Ein SUPER Strand in einer Bucht mit fast weissem, feinen Sand, wolkemlosem Himmel, Luft ca. 33 Grad, türkis-farbenem Wasser (ca. 28 Grad warm), Liegestühlen, jede Menge Schirme (alle „sponsored by VODAFONE“) mit einigen wenigen, ausschließlich ägyptischen Touristen; also eigentlich eine echte Traum-Szenerie.

Zwischen den Badegästen am Strand und teilweise auch im Wasser aber einige leere Plastikflaschen, Plastiktüten und -becher, leere Chipstüten, manchmal Glasscherben, Dosenverschlüsse usw. Obwohl das wirklich keine Müllberge waren und der Strand wahrscheinlich schnell zu reinigen wäre, scheint der „siffige Eindruck“ niemanden zu stören. Auch nicht die Vermieter der Liegestühle und Schirme. Die ägyptischen Badegäste erst recht nicht…

Meine Theorie: das Deutsche Auge FOKUSSIERT auf den Müll ! Und sieht deshalb manchmal die ganze schöne Szenerie drumrum nicht mehr. Ich glaube, das ägypische Auge SIEHT den Müll am Strand GAR NICHT. Im Ernst, ich glaube, weil das „relativ“ wenig Müll war, nehmen die Ägypter diesen Müll gar nicht wahr, und deshalb wird er dort auch nicht beseitigt. ….

Der Strassenverkehr

Hupen hat in Ägypten natürlich eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland. In Deutschland bedeutet hupen entweder „Achtung Gefahr“ oder „Mach Platz Du A….“. In Ägypten will man mit dem Hupen eher auf sich aufmrksam machen: „Achtung bitte, hier bin ich, also bitte nichts unerwartetes tun, z.B. abrupter Spurwechsel“. Daher wird man z.B. auch gerne angehupt, wenn man auf einer einsamen Wüstenstrasse alle 20 min mal überholt wird. Da manche ägyptische Autos keine Rückspiegel haben, macht es vielleicht sogar Sinn, so auf sich aufmerksam zu machen.

Geblinkt wird natürlich auch nicht, weil das wäre ja unfair gegenüber den Verkehrsteilnehmern, die gar keine Blinker haben (z.B. Eselskarren, Fußgänger, aber auch manche Autos).

Trotzdem gibt es im Strassenverkehr eine gewisse gegenseitige Rücksichtnahme, weil grundsätzlich scheinen alle Verkehrteilnehmer (Autos, LKW, Moppeds, Fahrräder, Eselkarren und auch Fußgänger) mehr oder weniger gleichberechtigt zu sein. Z.B. benutzen Fußgänger mitunter teilweise wie selbstverständlich die Strasse, obwohl es einen schönen und breiten Bürgersteig gibt. Dieser Bürgersteig ist (wohl zum Schutz vor den Autos) teilweise recht hoch angelegt (ca. 30 cm). Das hat aber den „Nachteil“, das der Fußgänger z.B. an Ausfahren eben diese 30 cm hinutersteigen muß, und auf der anderen Seite dann wieder hoch… und das scheint manchem einfach zu beschwerlich zu sein. Da läuft es sich doch auf der Strasse bequemer, und die von hinten ranrauschenden LKW werden schon aufpassen…. 🙂

Scheint meistens zu klappen, jedenfalls haben wir in unseren wenigen Tagen hier noch keinen Verkehrunfall beobachtet. Wir selbst kommen im Verkehr eigentlich auch mit unserem „Riesen-Rhino“ ganz gut klar, indem wir einfach versuchen mitzuschwimmen und nichts unerwartetes zu tun 🙂

Mann und Frau

Die Rolle der Frau ist hier wirklich GANZ anders als bei uns im Westen. Alle Frauen ab ca. 14 Jahren tragen ein Kopftuch, und zwar so, dass man GAR KEINE Haare mehr sieht. Die meisten Frauen sind verschleiert und einige sogar so tief, dass man auch die Augen nicht mehr sieht. Die ägyptischen Frauen am Strand gehen in voller Montur, d.h. mit langer Hose, Oberteil und Kopftuch, zum Baden ins Wasser und lassen anschließend die nasse Kleidung am Körper trocknen.

Die ägyptischen Männer nehmen westliche Frauen manchmal gar nicht wahr und sprechen teilweise auch nicht mit ihnen. Vom „Hand-geben“ zur Begrüßung ganz zu schweigen. Das hat zur Folge, dass ich als Mann hier die meisten Besorgungen, Erkundigungen, Einkäufe machen darf. Für mich nicht toll, für Dagmar aber sicherlich GAR nicht schön, auch wenn sie natürlich immer überall dabei ist. Nur machen kann sie manchmal nicht viel.

Das wars jetzt erstmal mit meinem ganz persönlichen Kulturschock. Vieles davon ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass wir recht „schnell“ in eine wirklich ganz andere Welt als die Deutsche eintauchen durfen. Aber manchmal darf die durchaus gewollte „Erweiterung des persönlichen Horizonts“ durch unsere Reise ja auch ein bißchen schmerzhaft sein, oder?

Viele Grüße

Tom

Eine Antwort zu “Kulturschock Ägypten”

  1. gitjeshorst 30. September 2010 um 20:03 #

    Hallo Thomas,

    sehr schöner Bericht – und ganz so, wie ich so den einen oder anderen Kulturschock auf meinen Dienstreisen erlebt habe. Ich hatte nur den unschätzbaren Vorteil, dass immer ein „Kümmerer“ da war und alles gerichtet hat. Da bist Du schon jetzt sehr viel weiter.

    Hoffentlich kannst Du dich am Ende der Reise wieder integrieren und schmeisst keinen Müll aus dem Auto oder hupst gar unaufhörlich…

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