Also nicht die Amis habens erfunden, grosse Häuser in denen man Sachen lagern kann, sondern die Marokkaner. Hier heißt es Agadir und ist kein Franchise-System. Ein Agadir ist eine Speicher- und Fluchtburg, meist an exponierten Stellen wie Felsspitzen, zumeist im Antiatlas. Das Wort hat punische Wurzeln und ist auch im Namen der spanischen Stadt Cadiz sichtbar.
Unser Agadir, welches wir besucht haben, liegt rund 50 Kilometer vor Tafraout und ist nur über eine Piste zu erreichen. Als Tom zwischendurch einmal wegen guter Schotterpiste den Geländegang rausnimmt, meint er, das sei jetzt aber keine Piste.
Unser kleines weisses Fahrzeug stellen wir in einem Dorf ab und sind innerhalb von Sekunden von sämtlichen Schulkindern der Grundschule umringt. Wer parkt auch schon vor einer Schule. Lieber Lehrer, Entschuldigung dass wir die „Show“ gestohlen haben.
Nach einem kurzen Marsch erreichen wir den Fuss der Speicherburg, die von allen Seiten gut einsehbar ist. Was zu frühren Zeiten natürlich auch bedeutet hat, dass man von oben immer gut sehen konnte, wer kommt: Freund oder Feind? Wir allerdings werden aus einem Dorf gesehen und schnellen Fusses eilt der Führer heran, ohne den wir die Burg nicht betreten können. Allerdings auch nicht ohne den Herrn mit dem zweiten Schlüssel, der schon von der anderen Seite eilt.
Nachdem die Türe offen ist, eröffnet sich uns ein Blick in schmale Gassen. Rechts und links befinden sich mehrstöckige Lagerräume, die nur durch schmale Schiefertritte zu erreichen sind. Früher hatten die Familien der fünf umliegenden Dörfer hier ihre bewachte Lagermöglichkeit von Getreide, aber auch von Stoffen oder andern wertvollen Gegenständen. Kam es zu einem Angriff, konnten die Familen aber hier auch Schutz suchen. Es gab eine große Küche, eine Moschee und eine Zisterne.
Der wertvollste Schatz des Agadirs sind jedoch 1000 Jahre alte Holzplatten, auf denen das Gewohnheitsrecht der Berber festgehalten ist. Es entält Regeln über Schlichtung von Streitigkeiten und Aburteilung von Vergehen. Dieses Heiligtum lagert in einem Raum, welcher mit 12 Schlössern gesichert ist und es gibt 12 vertrauenswürdige Schlüsselhalter, die alle anwesend sein müssen, um den Raum zu öffnen. Bei uns waren nur 6 vorhanden, daher sind wir nicht reingekommen.
Immer wieder gibt es weitere Gänge in die wir vorstossen, alle aus Schiefersteinen ohne Mörtel errichtet und mit Arganholz abgestützt. Scheint dauerhaft zu halten.
Nach erfolgter Besichtigung signalisiert uns unser Füher noch die Aussicht auf ein Mittagessen. Oder haben wir die Frage: möchten sie Couscous essen, vielleicht falsch verstanden? Wir folgen dem Wärter in ein Dorf, dann in das Haus der Kooperative und dann in, nein, keinen Teppichladen, nur ein kleines Verkaufsgeschäft mit Schmuck. Nee, brauchen wir nicht. No problem – wir gehen dann in die erste Etage, in die gute Stube (hatten wir ja auch schon im „Anhalter-Bericht“) und warten ein wenig. Wenn man selbst jetzt nicht gerade fliessend wie ein Wasserfall französisch spricht und der Führer auch nicht, dann ist Warten schon ein wenig doof.
Dann endlich taucht Tee auf, die Zeremonie dauert auch wieder, wir bekommen ein Glas Tee, man wünscht „Bisaha“ (das Prost der Teetrinker) und wir warten wieder. O.k., dass das Essen nicht auf dem Tisch steht, sobald wir das Haus betreten, ist klar. Aber nach gut anderthalb Stunde französischem Smalltalk, wüssten wir schon ganz gerne, ob wir was falsch verstanden haben. Wir wissen es bis heute nicht, denn wir haben uns mit viel „Dankeschön und es tut uns leid“ verabschiedet und sind wieder Richtung Fahrzeug marschiert. Ob jetzt wirklich Essen geplant war oder ob es sich lediglich um eine Art Floskel wie „you are welcome“ handelt, wissen wir nicht.
Na, wir haben ja noch eine weitere Woche Urlaub in der sich das klären kann und vielleicht noch mal eine weitere Marokkoreise…
Beslema – bis zum nächsten Reisebericht!
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